Ist das Radio tot?
Weltweit erste Live Radiosendung auf Facebook.
Dj Tomekk On Air
Kiss Fm, Jam FM, Einslive. Der Radiomoderator DJ Tomekk ist wieder live… bei der weltweit ersten Facebook Radioshow und erreicht genau so viele Leute wie vorher.
Meine Karriere fing im Radio an, etwa 1993 Kiss FM, dann WDR 1Live, später JamFM. Ich liebte das live Auflegen, Moderieren, Sendung live fahren, Gäste, Interaktionen. Eine komplette Woche Arbeit für 2 Stunden „On Air“ . Mitte der Neunziger kam in Berlin aus so ziemlich jedem Autoradio KissFM. Eine Generation von Berlinern ist hier in Ihrer kulturellen Wahrnehmung geprägt worden.
Kiss FM Berlin Logo ca 1993
1Live wird aufgrund seiner qualitativ hochwertigen Beiträge weltweit gehört. Stars wie Domian erblickten hier das Licht der Welt. Meine Welt drehte sich stets um die 1 oder 2 Stunden die ich on air war. Die komplette Woche, und wir sprechen hier keinesfalls von einer 50 Stunden-Woche, verbrachte ich mit Recherche, Platten hören, Interviewpartner suchen, Sprache trainieren, aktuelle Themen analysieren. Musik, Themen, Aktuelles. Das was ein Radio DJ halt so macht. Kulturjournalist, Meinungsmacher, Entertainer. Dann folgte etwas Schreckliches. Irgendwann übernahmen die Playlists aus dem Computer die Selektion. Als dann noch es soweit ging, dass ich meine Radioshow zu Hause produzieren und nur noch anliefern sollte, konnte ich es nicht mehr mit mir vereinbaren, voller Trauer kündigte ich meinen letzten Radio-Job.
Sendestudio Kiss Fm ca 1992
Am letzten Freitag, den 29.01.2016 nun startete ich einen Testversuch: neues Format. Meiner Meinung nach bisher einmalig auf der Welt in dieser Form. Ich streamte eine komplette Radioshow bei Facebook. Live. 60 Minuten. Musik. Moderation. Interaktion. Das selbe Format, wie damals im digitalen Zeitalter: Ich lege auf, moderiere und ihr könnt mit mir in Verbindung treten. Ich hatte keine Ahnung, ob sich überhaupt jemand dafür interessieren würde. Doch ich folgte meiner Passion, es kann doch nicht sein, dass die Zeit von live erleben vorbei ist, auch wenn die Medien sich verändert haben. So startete ich einen Testlauf. Mein Ziel: eine Stunde live auf Sendung. Und wieder mal eine komplette Woche Vorbereitungszeit: Technik, Studio auen inklusive kulisse, Playlist erstellen, Recherche. Das Format ausarbeiten. Die letzten 3 Nächte vor der ersten Sendung verbrachte ich schlaflos. Doch das Feuer war wieder da, und ich musste es wissen. Interessiert sich heute eigentlich noch jemand dafür? Zielsetzung: bei 100 Likes würde ich es nochmal machen. Die Zahlen haben mich fast erschlagen, mit einer so positiven Resonanz hätte ich nie im Leben gerechnet. Screenshots binnen 48 Stunden) Viralität: 50T Leute (ohne zu bezahlen) also mehroderweniger genau so viel wie die Sender Kiss FM oder Jam FM damals, bei denen ich zuvor gearbeitet habe.
Ist Radio somit komplett überflüssig geworden?
Radiosender die aus der Konserve spielen, werden natürlich keine Fanbindung haben, ähnlich wie Facebook Seiten die Katzenfotos posten oder sich gegenseitig Videobeiträge klauen. Auch sie haben Ihre Funktion, das Radio das im Auto dödelt, die Facebook Seite mit den Lustigen Bildern. Nur machen sie leider keinen Spaß. Sie sind heute hier und morgen hat man sie vergessen.
Das sagt übrigens auch aus, warum so viele Radiomoderatoren völlig berechtigt Angst um Ihre Jobs haben. Ich bin froh, dass es auch noch anders geht, im Radio und auf neuen Kanälen, wenn man sich zurück besinnt. Denn, wenn es um die persönliche Bindung geht, die Liebe, die Passion, die Kompetenz, ist ein DJ oder Moderator immer noch die Person, die magisch ist, die einen die zeit um sich herum vergessen lässt. Natürlich haben mir meine eigenen Zahlen vor Augen geführt welche Power und Möglichkeiten hinter so einem Format stecken. Glaubwürdigkeit. Kompetenz. Ein Eldorado für jeden Marketer der zB Technik, Livestyle oder neue Musik kommunizieren möchte.
Deswegen sind podcasts so interessant, hier gibt es Leute, die die ganze Woche Wissen sammeln, das in der ganzen Welt abrufbar ist. Kostenlos. Sag nochmal einer das Internet ist schlecht. (Smile Emoticon) Für mich selbst sind Podcasts oft das, was ich früher im Radio auf Kassette aufgenommen habe. Wissen und Musik die mich begeistert haben, haben mein Leben begleitet. Die erfolgreichsten Podcasts sind logischerweise die bei denen, die meiste Arbeit dahinter steckt. die Persönlichkeit eines Moderators, eines Menschen, der uns Teilhaben lässt. Aufatmen meine medienschaffenden Kollegen, ist hierbei immer noch das, worauf es letzten Endes ankommt. Jeder von uns kann sich eine Redaktion kaufen, aber es gab ja auch nur einen Stefan Raab. Style. Und… die Selektion, genau das machte radiodays 50er / 60er Jahre interessant, wir erinnern uns an „good morning vietnam“. Eine connection zwischen dem Moderator also einem Menschen ist durch einen Computer nicht ersetzbar, Gott sein dank. Ich baue mir übrigens jetzt ein festes Sendestudio, ob ich von zu Hause aus sende, oder lizensiert werde, ist mir dann auch egal. Ob mich jemand sponsert, wird letzten Endes langfristig über die Frequenz meiner Sendungen entscheiden… Die gute Nachricht: meine 50T Leute erreiche ich so oder so, und zwar ohne dass ich dafür einen Penny ausgeben muss. In diesem Sinne bis nächste Woche.
Euer DeeJay
Zur Person: http://www.welt.de/vermischtes/article1527183/DJ-TOMEKK.html
